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Schlechte Bonitäts-Auskunft hat weitreichende Folgen.

B2B-Newsletter > 2022 - Archiv > NL 5/22
Dr. Johannes Neumayer: Überlange Speicherdauer wird (datenschutz-)rechtliches Problem!
Schlechte Bonitäts-Auskunft hat weitreichende Folgen.

Zahlreiche Unternehmen, insbesondere Bankinstitute, potenzielle Kreditgeber, private Vertragspartner aber auch zukünftige Vermieter verlassen sich immer mehr auf die Bonitätsauskunft verschiedener Kreditauskunfteien. Dies führt in der Praxis dazu, dass besonders Verbraucher mit schlechter Bonität keinen Kredit bekommen, keinen Handyvertrag abschließen können, ein normales Bankkonto nicht eröffnen können oder sogar als Vertragspartner in einem Mietvertrag nicht in Frage kommen.

Für die Betroffenen aber auch die gesamte Wirtschaft ist also die Frage wichtig: Wann erlischt eine Schuld im Insolvenzverfahren? Welche Register gibt es und welche Löschfristen sind gesetzlich vorgegeben? Wie lange dürfen Bonitätsinformationen gespeichert und an andere Firmen weiter geleitet werden. Wann hat der Betroffene ein berechtigtes Interesse auf Löschung? Über all das berichtet RA Dr. Johannes Neumayer von der Kanzlei Neumayer & Walter Rechtsanwälte im folgenden Gast-Beitrag.


Dr. Neumayer: Überlange Speicherdauer wird (datenschutz-) rechtliches Problem!

BONITÄTSAUSKÜNFTE UND KREDITAUSKUNFTEIEN : Wie eine überlange Speicherdauer in der Warnliste trotz längst abgeschlossenem Insolvenzverfahren sowie idZ unklare Informationen zum Insolvenzverfahren selbst zum (datenschutz-) rechtlichen Problem wurden
 
In diesem Beitrag berichten wir über ein Verfahren, welches wir gegen eine Auskunftei über Kreditverhältnisse geführt haben. Thema des Prozesses war die Frage, ob die beklagte Kreditauskunftei weiterhin Datensätze unseres Mandanten sowohl in der Kleinkredit-Evidenz als auch in der Warnliste führen durfte, obwohl die Schuld unseres Mandanten längst erledigt war.

Eingehen von neuen Verbindlichkeiten durch bestehenden Eintrag nicht möglich.
 
Was war passiert? Unser Mandant hatte im Jahr 2011 ein Insolvenzverfahren abgeschlossen (Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung), wobei der 2012 bestätigte Sanierungsplan 2014 erfüllt wurde. Im Jahr 2020 war es unserem Mandanten aufgrund der Auskunft der beklagten Kreditauskunftei und weiterer Internetplattformen, die ihre Informationen vermutlich über diese bezogen, nicht möglich, einen Kredit aufzunehmen, um sich ein Eigenheim anzuschaffen – es scheiterte an seinen Einträgen in der Konsumkredit-Evidenz, der Warnliste und der Warenkredit-Evidenz. Er war schlichtweg für potenzielle Vertragspartner weiterhin trotz abgeschlossenem und erfülltem Sanierungsverfahren nicht kreditwürdig.

Gem. § 156 IO wird der Schuldner durch den rechtskräftig bestätigten Sanierungsplan aber von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen. Zur Tilgung der Schuld des Mandanten kam es daher bereits 2012. So ist dies auch im Gesetz vorgesehen. Wann der Sanierungsplan erfüllt wurde, ist für die Tatsache der Schuldentilgung („von der Verbindlichkeit befreit“) nicht relevant.

Ziel und Zweck des Insolvenzverfahrens ist die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger durch eine geordnete Haftungsverwirklichung sowie die Sanierung eines Schuldners, der nicht mehr in der Lage ist, sämtliche Verbindlichkeiten zur Gänze zu befriedigen. Dies wird durch einen Sanierungsplan, Zahlungsplan oder ein Abschöpfungsverfahren – bezogen auf den konkreten Schuldner – erreicht.
 
Eine schlechte Bonitätsauskunft hat weitreichende Folgen.
 
Insbesondere Bankinstitute, potenzielle Kreditgeber, private Vertragspartner aber auch zukünftige Vermieter verlassen sich immer mehr auf die Bonitätsauskunft verschiedener Kreditauskunfteien. Dies führt in der Praxis dazu, dass besonders Verbraucher mit schlechter Bonität keinen Kredit bekommen, keinen Handyvertrag abschließen können, ein normales Bankkonto nicht eröffnen können oder sogar als Vertragspartner in einem Mietvertrag nicht in Frage kommen.

Schutz potenzieller Kreditgeber vs. berechtigtes Löschungsinteresse.
 
Die Notwendigkeit und Effizienz der verschiedenen Kreditauskunfteien, allem voran des Kreditschutzverbandes von 1870, wird an dieser Stelle nicht bestritten. Sie tragen zur Sicherheit im geschäftlichen Verkehr bei und bewahren vielerorts Wirtschaftstreibende vor finanziellem Schaden.
 
Die Krux ist jedoch die Speicherdauer verschiedener Bonitätsauskünfte, deren Zusammenhang mit den tatsächlichen Gegebenheiten und die rechtlichen Folgen bei unterlassener Löschung bzw. bei unterlassener Aktualisierung.

§ 152 GewO 1994 sieht vor, dass Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Gewerbes der Auskunfteien über Kreditverhältnisse berechtigt sind, zur Auskunftserteilung über Verhältnisse, die mit der Kreditwürdigkeit in Zusammenhang stehen, berechtigt sind. Private Verhältnisse, die mit der Kreditwürdigkeit in keinem Zusammenhang stehen, dürfen nicht beauskunftet werden.
 
Die Konsumentenkredit-Evidenz besteht diesbezüglich etwa seit 1964 und ist als Informationsverbundsystem gem. § 50 DSG 2000 eine registrierte Datenbankanwendung, die dem Zweck des Gläubigerschutzes und der Risikominimierung dient. An diese wird jeder in Österreich gewährte Konsumentenkredit gemeldet. Die teilnehmenden Banken übermitteln sämtliche Kredit- und Personendaten sowie eventuelle Zahlungsanstände. Nach erfolgter Rückzahlung werden die Einträge nach definierten Fristen automatisch gelöscht. Bei vollständiger Zahlung der Schuld nach Zahlungsanstand beträgt die Löschfrist 5 Jahre, bei Zahlung auf andere Weise (z.B. bei Abschlagszahlung, Schuldenregulierungsverfahren) 7 Jahre. Die Löschfristen richten sich nach dem Tilgungsdatum.
 
Die Warnliste der österreichischen Kreditinstitute ist eine als Informationsverbundsystem registrierte Datenbankanwendung und wird zum Zweck des Gläubigerschutzes und der Risikominimierung durch Hinweis auf ertragswidriges Kundenverhalten geführt. Damit machen Banken einander auf Kunden aufmerksam, die bei der Bezahlung fälliger Forderungen nachhaltig in Verzug geraten sind. Die Löschfristen bei vollständiger Tilgung der Schuld sind 3 Jahre und bei Tilgung auf andere Weise 7 Jahre. Sie richten sich nach dem Tilgungsdatum.
 
Die Warenkredit-Evidenz ist eine Datenanwendung, in der Geschäftsfälle über Kunden der Warenkredit gebenden Wirtschaft (Lieferung oder Leistung auf offene Rechnung) eingetragen und vertraglich berechtigten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Die Einträge werden je nach Schweregrad der Eskalation nach erfolgter Zahlung innerhalb definierter Fristen gelöscht.

Klage gemäß Art 79 Abs 1 DSGVO
 
Außergerichtlich zur Löschung aufgefordert beharrte die Kreditauskunftei jedoch auf ihrem Standpunkt, dass die von ihr im Rahmen der Bonitätsauskunft bereitgestellten Informationen zum einen wahr seien und zum anderen auch kein berechtigtes Interesse des Mandanten auf Löschung bestehe.
 
Selbst die kostenfrei zugängliche Ediktsdatei (www.ediktsdatei.justiz.gv.at) hatte die Tatsache des Sanierungsverfahrens bereits längst gelöscht. Eine Überprüfung der Informationen aus der Bonitätsauskunft der Kreditauskunftei mit den Informationen aus der Ediktsdatei war daher auch nicht mehr möglich.
 
Da die Kreditauskunftei dem berechtigten Löschungsbegehren nicht nachkam, wurde dieses gem. Art 79 Abs 1 DSGVO eingeklagt vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Argumentiert wurde unter anderem damit, dass nach Art 17 Abs 1 lit a DSGVO und § 45 Abs 2 Z 1 DSG der Verantwortliche (die Kreditauskunftei) die Daten unverzüglich zu löschen hat, wenn personenbezogene Daten für die Zwecke, für die sie erhoben wurden (in diesem Fall der Schutz der kreditgebenden Vertragspartner) oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Argumentiert wurde weiters damit, dass das Grundrecht nach § 1 DSG nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen nach Abs 2 leg cit eingeschränkt werden darf. Ein überwiegendes berechtigtes Interesse am Schutz der potenziellen Kreditgeber und Aufrechterhaltung der schlechten Bonitätsauskunft ist nach Abschluss eines Sanierungsverfahrens, welches nicht einmal mehr gem. § 256 IO in der Ediktsdatei auffindbar ist, nicht gegeben.

Ein berechtigtes Interesse der Führung der Informationen eines längst vergangenen Sanierungsverfahrens und die damit einhergehende Verbannung des Betroffenen aus der kreditgebenden Welt war schlichtweg nicht nachvollziehbar und erschien verfassungswidrig.
 
Zudem war auch kein Rechtfertigungsgrund der Kreditauskunftei für die in der Bonitätsauskunft enthaltene Information „bekanntes Insolvenzverfahren“ ersichtlich, da das Sanierungsverfahren seit 8 Jahren abgeschlossen war und die weiterhin aufrecht beauskunfteten Informationen wohl kreditschädigend im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB.
 
Auch der alleinige Zweck der Warnung in der Warnliste der Banken, nämlich die Kenntnis des Vertragserfüllungsverhaltens des Kreditnehmers während eines angemessenen Zeitraumes war weggefallen und negative Eintragungen schlichtweg nicht mehr gerechtfertigt – der Sanierungsplan war immerhin seit 2012, sohin mehr als 8 Jahre, bestätigt und der Mandant seitdem sämtlichen finanziellen Verpflichtungen nachgekommen.
 
Die Kreditauskunftei argumentierte mit der Unbestimmtheit des Löschungsbegehren, es sei genau anzugeben, aus welchem Datensystem man die Löschung begehre, und mit ihrer mangelnden Passivlegitimation, immerhin seien die Eintragungen in der Warnliste von Banken als alleinige datenschutzrechtliche Auftraggeber im Sinne des § 4 DSG 2000 (lange vor Wirksamwerden der DSGVO) veranlasst worden und seien auch ausschließlich diese passiv für Richtigstellungen, Löschungen etc. legitimiert. Zudem sei allein die Absicht des Hausbaues kein Umstand, der als inhaltlich begründeter Widerspruch nach Art 21 DSGVO zu werden wäre. Die Bestimmung des § 256 IO sei nicht gleichzusetzen mit einer Begrenzung der Bonitätsbeurteilung durch Auskunfteien gem. § 152 GewO.

Die Kreditauskunftei kam dem Urteilsbegehren unseres Mandanten, die Eintragungen über diesen in der Konsumentenkredit-Evidenz, nämlich dass dieser Informationen über ein Insolvenzverfahren des Mandaten vorläge sowie die Eintragungen in der Warnliste mit der Behauptung, dass eine teilweise Tilgung der Verbindlichkeit gegenüber der Bank X vorliege, binnen Monatsfrist zu löschen, bereits vor der ersten Tagsatzung nach. Das berechtigte Interesse der Kreditauskunftei an der Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Mandanten sei jedoch weiterhin gegeben, da es sich um bonitätsrelevante Daten handle. Die Rechtsgrundlagen seien hier auch § 7 VKrG, § 9 HIKrG sowie § 22a, 39 und 75 BWG. Nach dem Bankwesengesetz hätten Kreditinstitute besondere Sorgfaltspflichten einzuhalten und das Risiko von Bankgeschäften zu beurteilen und zu prüfen. Die bei der Konsumentenkredit-Evidenz und die in der Warnliste verarbeiteten Daten seien zudem nicht öffentlich zugänglich und würden auch nicht veröffentlicht. Lediglich ein eingeschränkter Kreis an Vertragspartnern könne Anfragen für bestimmte Zwecke stellen und so zu den persönlichen Daten des Mandanten gelangen.
 
Zur Aufbewahrungszeit brachte die beklagte Kreditauskunftei vor, dass diese in den Bescheiden der Datenschutzkommission zur Konsumentenkredit-Evidenz und zur Warnliste zur alten Rechtslage nach dem DSG 2000 festgelegt worden sei. Die DSGVO würde keine starren Löschfristen kennen. Aus diesem Grund sei die Löschung sieben Jahre nach Tilgung der Schuld gerechtfertigt.
 
Da die involvierte kreditgebende Bank zwischenzeitig die Löschung der Einträge neben dem Mandanten begehrt hatte, blieb letztendlich noch die rechtliche Frage zu klären, ob eine Unterlassungsverpflichtung der Kreditauskunfteien besteht hinsichtlich der Informationen über ein Insolvenzverfahren des Mandanten, in dem eine sonstige Tilgungsvereinbarung mit bloß teilweiser Tilgung von 2014 vereinbart wurde; dies ohne darauf hinzuweisen, dass spätestens seit Jänner 2014 der Mandant alle Verbindlichkeiten faktisch sowie ex lege längst voll erfüllt hatte und das Insolvenzverfahren bereits im Februar 2012 aufgehoben wurde.

Geklärt wurde die Frage nicht, da man sich schlussendlich auf einen Vergleich geeinigt hatte.
 
Die Kreditauskunftei hat es seitdem zu unterlassen, die über den Kläger gespeicherten Daten in für Dritte zugänglichen Registern zu speichern und die Information weiterzugeben, dass über den Kläger Informationen über ein Insolvenzverfahren vorlägen oder dass eine sonstige Tilgungsvereinbarung mit (bloß) teilweiser Tilgung vom Jahr X vorläge, ohne zumindest darauf hinzuweisen, dass spätestens seit dem Jahr X alle Verbindlichkeiten voll erfüllt sind. Weiters hat die Kreditauskunftei es zu unterlassen, eine Anfrage zur Person des Klägers mit der Angabe zu beauskunften, dass eine Infosperre vorläge, wenn die Kreditauskunftei tatsächlich ausschließlich unstrittige Daten über den Kläger gespeichert hat oder verarbeitet und/oder keine negativen Eintragungen bei der Kreditauskunftei über den Kläger vorliegen.
 
Zusammenfassend ist die Frage der ordnungsgemäßen Speicherdauer von Informationen zur Bonitätsauskunft einfach zu beantworten, jedoch noch nicht oberstgerichtlich geklärt. Dasselbe trifft für die Frage der Vollständigkeit der gespeicherten Informationen zu einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren zu.

Bei Problemen und rechtlichen Anliegen in Zusammenhang mit Bonitätsauskünften und den sich daraus ergebenden datenschutzrechtlichen Folgen steht Ihnen MMag. Dr. Johannes Neumayer sehr gerne mit rechtlichem Rat und Tat zur Verfügung.



MMag. Dr. Johannes Neumayer e.h.


Kanzlei Neumayer & Walter Rechtsanwälte
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Telefon: 0043/1/712 84 79
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